Wie schädliche Eiweiße im Gehirn Entzündungen auslösen – und wie Cannabis helfen kann
Eiweißablagerungen und das alternde Gehirn
Mit zunehmendem Alter sammeln sich im Gehirn schädliche Eiweiße wie Beta-Amyloid (Aβ) an. Diese Ablagerungen stehen im Verdacht, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer zu begünstigen. Doch wie genau diese Eiweiße Nervenzellen schädigen, war bisher nicht vollständig geklärt.
Forscher haben nun herausgefunden, dass sich Beta-Amyloid nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb von Nervenzellen ansammelt. Diese intrazellulären Ablagerungen lösen eine gefährliche Entzündungsreaktion aus, die zum Absterben der Zellen führt. Interessanterweise können bestimmte Cannabis-Wirkstoffe diesen Prozess blockieren.
Die fatale Kettenreaktion: Von Eiweißablagerungen zum Zelltod
In Experimenten mit menschlichen Nervenzellen zeigte sich: Sobald sich Beta-Amyloid in den Zellen anhäuft, aktiviert es Entzündungsgene und führt zur Produktion von Arachidonsäure und entzündungsfördernden Botenstoffen (Eicosanoiden). Einige dieser Stoffe schützen die Zelle, andere beschleunigen jedoch ihren Tod.
Besonders problematisch sind die durch das Enzym 5-LOX (5-Lipoxygenase) gebildeten Leukotriene. Sie verstärken die schädliche Wirkung von Beta-Amyloid. Hemmt man 5-LOX, überleben mehr Zellen.
Die überraschende Rolle von Cannabis-Wirkstoffen
Cannabinoide – Wirkstoffe aus der Cannabis-Pflanze wie THC – können diese Entzündungskaskade unterbrechen. Sie aktivieren spezielle Rezeptoren (CB1 und CB2) auf den Nervenzellen und fördern den Abbau von schädlichem Beta-Amyloid. Gleichzeitig dämpfen sie die Entzündungsreaktion und schützen so die Zellen vor dem Tod.
THC erwies sich in den Studien als besonders wirksam. Es reduziert nicht nur die Beta-Amyloid-Ablagerungen, sondern verhindert auch die übermäßige Produktion entzündlicher Botenstoffe.
Warum herkömmliche Entzündungshemmer versagen
Viele klassische Entzündungshemmer wie Ibuprofen oder Aspirin (COX-Hemmer) zeigten in diesen Studien keine schützende Wirkung. Im Gegenteil: Einige der entzündlichen Botenstoffe (wie PGE2 und PGD2) wirken sogar neuroprotektiv. Hemmt man ihre Produktion, könnte das den Zelltod möglicherweise beschleunigen.
Stattdessen scheinen Hemmstoffe der 5-LOX, wie der experimentelle Wirkstoff CNB-001, vielversprechender zu sein. Auch natürliche Substanzen wie Fisetin (in Obst enthalten) zeigen ähnliche Effekte.
Früh eingreifen, um Nervenzellen zu retten
Die Studie legt nahe, dass die schädliche Wirkung von Beta-Amyloid schon sehr früh beginnt – lange bevor sich die typischen Plaques im Gehirn bilden. Eine gezielte Blockade der Entzündungsreaktion durch Cannabinoide oder 5-LOX-Hemmer könnte daher ein neuer Ansatz sein, um neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer zu verlangsamen.
Künftige Therapien sollten nicht nur die späten Stadien der Krankheit bekämpfen, sondern bereits die frühen zellulären Veränderungen ins Visier nehmen. Cannabis-Wirkstoffe könnten hier eine unerwartete, aber wirksame Waffe sein.
(Hinweis: Dieser Artikel fasst komplexe Forschungsergebnisse vereinfacht zusammen. Cannabis-basierte Therapien sollten nur unter ärztlicher Aufsicht erwogen werden.)
Quelle: nature.com