Hochdosiertes Vitamin D bei Multipler Sklerose: Neue Erkenntnisse
Zusammenhang zwischen Vitamin D und Multipler Sklerose
Eine französische Studie, veröffentlicht im Journal of the American Medical Association (JAMA), legt nahe, dass hochdosiertes Vitamin D die Krankheitsaktivität bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) verringern könnte. Niedrige Vitamin-D-Spiegel wurden bereits in früheren Untersuchungen mit einem erhöhten Risiko für Krankheitsschübe, neuen Läsionen (Gewebeschäden) in der Magnetresonanztomographie (MRT) und einer stärkeren Behinderung in Verbindung gebracht.
Vitamin D spielt eine entscheidende Rolle für das Immunsystem, das bei dieser Autoimmunerkrankung (eine Krankheit, bei der das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift) fehlreguliert ist. Bisherige Studien konnten jedoch keine eindeutigen positiven Effekte auf primäre Endpunkte wie die Krankheitsaktivität nach 48 Wochen oder die Schubrate nach 96 Wochen nachweisen. Denn deuteten einige Untersuchungen auf sekundäre Vorteile hin, etwa eine geringere Anzahl neuer MRT-Läsionen oder eine langsamere Zunahme der Behinderung.
Studie mit Patienten im Frühstadium der Erkrankung
Die aktuelle Studie konzentrierte sich auf Patienten mit einem sogenannten klinisch isolierten Syndrom (KIS), einer frühen Form der MS, bei der Betroffene nur einen ersten Krankheitsschub erlebt haben. Zu den typischen Symptomen zählen eine Sehnervenentzündung, eine Myelitis transversa (Entzündung des Rückenmarks) oder Schädigungen im Hirnstamm.
An der Studie nahmen 303 Patienten teil, die im Durchschnitt 60 Tage nach dem ersten Schub behandelt wurden. Eine Gruppe erhielt alle zwei Wochen 100.000 Internationale Einheiten (IE) Vitamin D, während die andere ein Placebo bekam. Nach 24 Monaten zeigte sich, dass nur 60,3 % der Vitamin-D-Gruppe eine klinische oder radiologische Krankheitsaktivität aufwiesen, verglichen mit 74,1 % in der Placebogruppe. Das entspricht einer Risikoreduktion von 34 %.
Positive Effekte und mögliche Einflussfaktoren
Die Zeit bis zum erneuten Krankheitsausbruch betrug in der Vitamin-D-Gruppe durchschnittlich 432 Tage, gegenüber 224 Tagen unter Placebo. Der Number Needed to Treat (NNT), also die Anzahl der Patienten, die behandelt werden müssen, um einen Krankheitsfortschritt zu verhindern, lag bei 7,2.
Bestimmte Faktoren waren mit einem besseren Ansprechen auf die Vitamin-D-Therapie verbunden:
- Fehlende Rückenmarksläsionen bei Diagnosestellung
- Ein Vitamin-D-Mangel zu Studienbeginn
- Ein Body-Mass-Index (BMI) unter der Grenze für Übergewicht
Interessanterweise war die Wirksamkeit unabhängig davon, ob die Patienten eine Sehnervenentzündung hatten oder nicht. Dies deutet darauf hin, dass Vitamin D bei verschiedenen MS-Phänotypen (Erscheinungsformen der Krankheit) wirken könnte.
Ausblick und weitere Forschung
Die Forscher betonen das günstige Sicherheitsprofil von Vitamin D und sehen Potenzial für weitere Studien. Insbesondere könnte die Kombination mit bestehenden Therapien den Nutzen für Patienten mit KIS oder früher schubförmiger MS verbessern.
Diese Ergebnisse unterstreichen die mögliche Rolle von Vitamin D als unterstützende Therapie bei Multipler Sklerose und liefern eine Grundlage für weitere klinische Untersuchungen.
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- High-dose vitamin D in clinically isolated syndrome typical of multiple sclerosis: the D-Lay MS randomized clinical trial, Thouvenot et al., JAMA. 2025 Mar 10:e251604. doi: 10.1001/jama.2025.1604
Quelle: mediquality.net