Das außergewöhnliche Leben der Jeanne Calment: Eine Rekordhalterin und ihre Philosophie
Die französische Bürgerin Jeanne Louise Calment hält einen wissenschaftlich verifizierten Rekord, der bis heute unübertroffen ist. Sie erreichte ein Lebensalter von 122 Jahren und 164 Tagen. Ihre Biografie ist nicht nur eine Aneinanderreihung von Jahreszahlen, sondern ein faszinierendes Zeugnis eines langen und erfüllten Daseins, das mehrere historische Epochen umspannte. Geboren am 21. Februar 1875 in Arles, Frankreich, wurde sie zu einer lebendigen Verbindung in eine ferne Vergangenheit. In ihrer Jugend erlebte sie die Errichtung des Eiffelturms mit vierzehn Jahren persönlich mit. In denselben Jahren begegnete sie zudem dem Maler Vincent van Gogh, den sie in späteren Interviews als ungepflegt und wenig sympathisch in Erinnerung behielt.
Eine unkonventionelle Vitalität im hohen Alter
Was das Leben von Jeanne Calment so besonders macht, ist ihre ungebrochene Aktivität und ihr unerschütterlicher Geist bis in die spätesten Lebensphasen. Mit fünfundachtzig Jahren ergriff sie das Florett und begann mit dem Fechtsport. Selbst im Alter von einhundert Jahren war sie noch in der Lage, Fahrrad zu fahren. Ihre körperliche und geistige Beweglichkeit bewies sie auch mit einhundertvierzehn Jahren, als sie die Hauptrolle in einem Film über ihr eigenes Leben übernahm. Nur ein Jahr später unterzog sie sich einer Hüftoperation, ein bemerkenswerter Eingriff in diesem Lebensabschnitt. Eine ihrer bekanntesten Marotten war ihr Tabakkonsum, den sie im Jahr 1896 begann. Erst mit einhundertsiebzehn Jahren legte sie die Zigaretten endgültig zur Seite. Der Grund dafür war weniger die gesundheitliche Sorge, sondern vielmehr ihre Unabhängigkeit. Da ihr Sehvermögen stark nachgelassen hatte, wollte sie nicht auf die Hilfe anderer angewiesen sein, um sich eine Zigarette anzuzünden.
Der berühmte Wohnungsverkauf: Ein juristisches Kuriosum
Eine besondere Anekdote aus dem Leben der Jeanne Calment ist ihr Wohnungsverkauf im Jahr 1965. Damals war sie neunzig Jahre alt und hatte keine direkten Erben. Sie schloss mit dem siebenundvierzigjährigen Anwalt André-François Raffray einen ungewöhnlichen Vertrag. Dieser verpflichtete sich, ihr eine monatliche Rente von 2.500 Francs zu zahlen. Im Gegenzug sollte er nach ihrem Tod das Eigentum an der Wohnung erhalten. Diese Form der Transaktion, auch als „Renten-Lebensversicherung“ bekannt, schien für den jüngeren Mann eine sichere Investition zu sein. Die Ereignisse nahmen jedoch eine unerwartete Wendung. André-François Raffray zahlte dreißig Jahre lang, verstarb dann aber selbst im Alter von siebenundsiebzig Jahren, bevor Jeanne Calment starb. Infolgedessen war seine Ehefrau gesetzlich verpflichtet, die Zahlungen an Madame Calment fortzuführen, was die Ironie der Situation vollendete.
Die Lebensweisheiten einer Hundertzwanzigjährigen
Jeanne Calment war bis ins höchste Alter für ihren scharfen Verstand und ihren trockenen Humor bekannt. Anlässlich ihres hundertzwanzigsten Geburtstags befragt, welche Zukunft sie für sich sehe, antwortete sie mit der prägnanten Bemerkung, es werde eine sehr kurze sein. Ihre Philosophie des Lebens, die sie in zahlreichen Aussagen formulierte, kreiste um Leichtigkeit, Genuss und eine positive Geisteshaltung. Sie bekannte ihre Liebe zu Wein und Süßigkeiten und betonte, wie wichtig es sei, das Lächeln zu bewahren. Dies führte sie auch auf ihr außergewöhnlich langes Leben zurück. Sie vertrat die Ansicht, dass man sich keine Sorgen über Dinge machen solle, die man nicht ändern kann, und dass man stets ohne Reue handeln sollte. Ein zentraler Gedanke war für sie, dass Jugend ein Geisteszustand sei und nicht von der körperlichen Verfassung abhänge. Sie fühlte sich innerlich stets als junges Mädchen, auch wenn ihr Äußeres das nicht mehr widerspiegelte. Ihre humorvolle Gelassenheit zeigte sich auch in ihrem Glauben, sie sei vom lieben Gott vergessen worden. Bei einer anderen Gelegenheit verabschiedete sie einen Journalisten mit den Worten, sie hoffe, ihn im nächsten Jahr wiederzusehen, und fügte hinzu, dass er ja schließlich noch nicht so alt sei und daher sicher noch da sein werde. Ihre Einstellung lässt sich als ein Appell an die Lebensfreude zusammenfassen: man solle lachen, das Leben genießen und sich von einer inneren Jugendlichkeit leiten lassen.




