Der verborgene Einfluss des weiblichen Dufts auf die männliche Psyche


Während wir Menschen uns primär auf unsere Augen und Ohren verlassen, um die Welt zu begreifen, existiert eine verborgene Ebene der Wahrnehmung, die tief in unserem evolutionären Erbe verwurzelt ist: die Welt der Düfte. Obwohl unser Geruchssinn im Vergleich zu vielen Säugetieren verkümmert scheint, reagieren wir unbewusst immer noch auf chemische Signale unserer Artgenossen. Eine faszinierende Studie, die im Fachjournal iScience veröffentlicht wurde, legt nun offen, dass weiblicher Körpergeruch messbare psychologische Effekte auf Männer ausüben kann – von der Steigerung der Attraktivitätswahrnehmung bis zur Reduzierung von Feindseligkeit.

Die wissenschaftliche Jagd nach dem besonderen Duft

Forscher gingen in einer präzisen Versuchsanordnung der Frage nach, ob sich der weibliche Körpergeruch im Verlauf des Menstruationszyklus verändert und wie Männer darauf reagieren. Hierfür sammelten sie bei 21 Frauen Geruchsproben mithilfe spezieller Silikonpads, die in der Achselhöhle getragen wurden. Die Proben wurden über alle vier Zyklusphasen hinweg gesammelt, um hormonelle Schwankungen und deren Auswirkungen auf den Körpergeruch erfassen zu können.

In einem ersten Experiment wurden diese Geruchsproben 21 Männern zur Bewertung vorgelegt. Das Ergebnis war verblüffend: Obwohl alle Körpergeruchsproben im Vergleich zu einer geruchslosen Kontrolle als weniger angenehm bewertet wurden, stachen die Proben, die während des Eisprungs gesammelt wurden, deutlich heraus. Männer beschrieben diese Düfte als signifikant angenehmer, zitroniger, grasiger und wohlriechender, während sie gleichzeitig weniger beißend, muffig oder unangenehm rochen.

Die chemischen Botenstoffe der Anziehungskraft

Der geniale Teil der Forschung folgte im nächsten Schritt: Mithilfe der Massenspektrometrie analysierten die Wissenschaftler die chemische Zusammensetzung der Geruchsproben. Ihr Ziel war es, die spezifischen flüchtigen Verbindungen zu identifizieren, die während der fruchtbaren Phase der Frau vermehrt auftreten. Drei Kandidaten kristallisierten sich als Hauptverantwortliche für den als angenehm empfundenen Ovulationsduft heraus:

(E)-Geranylaceton: Dieser Duftstoff entsteht beim Abbau von Squalen, einer Substanz auf unserer Haut. Er verströmt ein grün-frisches bis blumiges Aroma, das man auch in Tomaten, Minze und Zitronengras findet. Sein charakteristischer Duft erinnert an lebendige Natur und Frische.

Tetradecansäure (Myristinsäure): Diese Verbindung riecht wachsartig bis cremig und kommt natürlicherweise in Muttermilch, Fruchtwasser und menschlichem Speichel vor. Interessanterweise löst sie bei Babys den Saugreflex aus. In der Natur ist sie reichlich in Muskatnussbutter enthalten. Ihr Duft könnte unbewusst mit Ursprünglichkeit und Geborgenheit assoziiert werden.

(Z)-9-Hexadecensäure (Palmitoleinsäure): Dieser Stoff ist an sich geruchlos, kann jedoch zu (E)-2-Nonenol abgebaut werden, das für den sogenannten „Altersgeruch“ bekannt ist. Welche Rolle diese Verbindung im Gesamtbouquet spielt, bleibt teilweise rätselhaft, doch ihre Anwesenheit war signifikant.

Der künstliche Duftcocktail und seine verblüffenden Wirkungen

Aus diesen drei identifizierten Komponenten kreierten die Forscher einen synthetischen Duftcocktail – gewissermaßen das erste wissenschaftlich fundierte Parfüm der Welt. In einem doppelblinden Experiment setzten sie Männer diesem künstlichen Ovulationsduft aus, ohne dass diese davon wussten. Der Duft wurde unmerklich auf den Mikrofonbezug ihrer Kopfhörer aufgetragen.

Die anschließenden psychologischen Tests ergaben Erstaunliches: Die Männer, die dem synthetischen Ovulationsduft ausgesetzt waren, berichteten von deutlich geringeren Gefühlen von Feindseligkeit und Langeweile. Gleichzeitig fühlten sie sich lebendiger und konnten sich besser konzentrieren. Der Duft wirkte also nicht nur auf die Bewertung eines Geruchs selbst, sondern veränderte unmittelbar die Stimmung und Grundhaltung.

Der Duft als unsichtbarer Schleier der Wahrnehmung

In einer weiteren Versuchsreihe sollten die Männer weibliche Gesichter bewerten. Sie beurteilten, wie attraktiv, elegant und intelligent sie die abgebildeten Frauen fanden, ob sie Zeit mit ihnen verbringen möchten und ob ihr Blick länger auf ihnen verweilte.

Das Ergebnis unterstreicht die Macht des unbewussten Riechens: Bei Frauen, die ohnehin als sehr attraktiv eingestuft wurden, zeigte der Duft kaum einen Effekt. Bei jenen Frauen, die normalerweise eine mittlere Attraktivitätsbewertung erhielten, führte der Ovulationsduft jedoch zu einer signifikanten Aufwertung. Der unsichtbare Duftcocktail wirkte wie ein Verstärker der weiblichen Ausstrahlung und ließ die Männer die Frauen anziehender finden.

Die heimliche Sprache der Düfte

Diese Studie wirft ein neues Licht auf die zwischenmenschliche Kommunikation. Sie legt nahe, dass wir neben der sichtbaren und hörbaren Welt beständig eine unsichtbare Ebene chemischer Signale austauschen, die unsere Gefühle und Wahrnehmungen tiefgreifend beeinflusst. Obwohl wir uns dessen kaum bewusst sind, scheint unser Gehirn diese uralte Sprache der Düfte noch immer zu verstehen – ähnlich wie ein Hund das Wort „Gassi“ erkennt, ohne die menschliche Sprache zu beherrschen.

Die kommerzielle Parfümindustrie hat sich diese Prinzipien vielleicht schon lange instinktiv zunutze gemacht. Wer nach einem Duft mit ähnlicher Wirkung sucht, sollte nach Kreationen mit Nuancen von Muskatnuss, frischer Zitrusnote und einer dezenten Tee-Komponente Ausschau halten. Die genauen Rezepturen der Hersteller bleiben jedoch meist ein gut gehütetes Geheimnis.

Die größte offene Frage bleibt, ob dieser Effekt auch umgekehrt funktioniert. Gibt es auch männliche Duftsignale, die unbewusst die Stimmung und Wahrnehmung von Frauen beeinflussen? Die Erforschung dieser verborgenen chemischen Sprache zwischen Menschen hat gerade erst begonnen und verspricht, einige der Geheimnisse unserer sozialen Anziehungskraft zu lüften.

Quellen:

  • Originalstudie: „The scent of ovulation: skin volatiles as potential pheromonal signals“ in iScience (2025)
  • Yale School of Medicine: Forschung zu menschlichen Pheromonen
  • Max-Planck-Institut für chemische Ökologie: Grundlagenforschung zu Duftstoffen und Kommunikation
  • Fachpublikationen zur Rolle von Myristinsäure in der menschlichen Chemokommunikation

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